Zeitfenster in Container-Terminals: Nicht zu Lasten der Spediteure
Die Klimaziele der Bundesregierung lassen sich nur erreichen, wenn der Güterverkehr in großem Umfang von der Straße auf die Verkehrsträger Schiene und Wasser verlagert wird.
Das Dilemma: Die Zahl der dafür benötigten Umschlag-Terminals lässt sich innerhalb der nächsten Jahre kaum erhöhen. Daraus folgt, dass die vorhandenen Kapazitäten wesentlich effizienter genutzt werden müssen. Neben den großen Seehäfen arbeiten deshalb auch die Umschlageinrichtungen im Hinterland an Zeitfensterbuchungssystemen.
Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag zur Rettung unseres Planeten leisten. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Klimaeffekte der Digitalisierung“, die der Verband Bitkom herausgegeben hat. Allein durch den gezielten und beschleunigten Einsatz digitaler Lösungen könne der CO2-Ausstoß innerhalb der kommenden zehn Jahre um rund 50 Prozent (120 Megatonnen) reduziert werden. Dieser Wert liegt nahe am 2019 von der Bundesregierung definierten Klimaziel: Demnach soll der CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent sinken.
Hohe Belastungsschwankungen
Die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Verkehrsträger Schiene und Wasser ist hier ein wichtiger Baustein. Der Güterumschlag zwischen der Bahn, dem (Binnen-)schiff und LKW erfolgt an Häfen und KV-Terminals, die über ganz Deutschland und Europa verteilt sind. Aktuell lassen sich dort hohe Belastungsschwankungen beobachten. Dies liegt unter anderem an Peaks bei Lkw-Ankünften oder Verspätungen bei Zug- und Schiffankünften. Infolgedessen kommt es zu längeren Wartezeiten von Lkw im und vor den Terminals, wenn sich Lkw-Ankünfte und hohe Auslastungen des bahn- und schiffsseitigen Umschlags zeitlich überlagern.
Um die Ablaufgestaltung zu verbessern, führen immer mehr Terminals Zeitfensterbuchungssysteme (ZFBS) zur Glättung der Lastspitzen ein. Der Hafen Hamburg machte hier bereits 2017 den Anfang. Dabei legen die Terminalbetreiber Zeitfenster fest, in denen Fuhrunternehmen Ladeeinheiten anliefern und abholen können. Die eingeführten ZFBS bewirken jedoch in erster Hinsicht eine Glättung der Belastung aus Sicht des Terminals. Für die Fuhrunternehmen führen sie zu einer Erhöhung der Komplexität in der Transportplanung und somit zur Verschiebung von Ineffizienzen zwischen den Akteuren.
Flexibel und kollaborativ
Ein Konsortium unter der Leitung der TriCon Container-Terminal Nürnberg GmbH erarbeitet deshalb im Rahmen eines Forschungsprojekts unter dem Namen „Flexiking“ ein flexibles und kollaboratives Zeitfensterbuchungssystem für einen effizienten Güterumschlag in KV-Terminals im Hinterland. Ziel von Flexiking ist es, ein flexibles und kollaboratives ZFBS zu erarbeiten. Flexibel ist dieses Konzept, indem es bei der Bereitstellung von Abfertigungsfenstern am Umschlagspunkt pro Zeitraum fortlaufend die jeweiligen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Auf dieser Basis werden mehr oder weniger Zeitfenster freigeschaltet, ungebuchte Zeitfenster aus dem System genommen oder die Zeitfensterlänge angepasst.
Mehr Flexibilität
Kollaborativ ist das Konzept, indem es einen Mechanismus vorsieht, mit dem beide Parteien zuvor vergebene Zeitfenster neu verhandeln können. Das kollaborative System soll dabei die Interessen und Freiheitsgrade des Terminals genauso wie die der Fuhrunternehmen einbeziehen. Bei geänderten Rahmenbedingungen ist eine dynamische Anpassung der Zeitfensterbuchung durch einvernehmliche Verlegung von Zeitfenstern möglich.
Projekte wie Flexiking machen deutlich, inwiefern moderne IT-Lösungen beim Reduzieren der CO2-Emmissionen helfen können. Wie groß der Einfluss der Digitalisierung tatsächlich ist, zeigte bereits eine von Accenture durchgeführte Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Demnach kann die Technologie fast die Hälfte dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele bis zum Jahr 2030 erfüllt.